Sonntag, 28. Juni 2015

Das Tote Meer, einer der 1.000 Orte, die man gesehen haben muss, bevor man stirbt.


Wie im Real Life neigt sich am Toten Meer die Jordanien-Rundreise in diesem Blog ihrem Ende entgegen.
Blau liegt es zwischen den kargen Hügelketten Jordaniens und Israels da und verliert sich in einer endlosen Weite. Der Wind wirft salzige Schaumkronen über das Wasser, die spinnenwebengleich am Ufer zurückbleiben.





Um das oben beschriebene Bild zu sehen, musste ich allerdings eine Nacht abwarten. Wir kamen in unserem Spa-Hotel am Abend des „Horror“-Trips von Dana an.


Es war bereits dunkel. Wir waren müde, hungrig und dementsprechend gereizt. Außer Ronny und seine Gundula. Sie hatten sich sechs Tage zuvor in Amman in einer »Supa-Tuba«-Bäckerei eine Tüte von Gebäck gekauft, an der sie noch bis zum Abreisetag aßen.
Wachleute und Sicherheitskontrollen am Eingang waren uns von allen bisherigen Hotels bekannt. Es wurde aber nur hier darauf geachtet, dass durch die „Pieps“-Schleuse gegangen wurde und nur in diesem Hotel wurde das Gepäck durchleuchtet. Für Ronny nicht zu verstehen. Er wollte tatsächlich einen Streit mit einer Wachfrau vom Zaun brechen, weil er es für zu übertrieben fand. War grundsätzlich die Situation für mich unverständlich, dass ich beim Eintritt in ein Hotel kontrolliert werde, als wenn ich den Sicherheitsbereich eines Flughafens betrete, verstand ich die Hartnäckigkeit der Sicherheitsleute, die Ronny bestimmt zu der Kontrolle bewogen.
Ihr müsst euch die Lage des Hotels derart vorstellen: Ihr entspannt am Abend bei einem Trink auf der Terrasse vor der Bar mit Blick auf die Lichter von Jerusalem. Die Atmosphäre, die euch umgibt, könnte nicht friedlicher sein. Die Brisanz und die Instabilität, die die Region beherrschen können leicht soweit in den Hintergrund gedrängt werden, bis sie im verwaschenen Grau der Vergessenheit verschwinden.

Rechts die Hügel von Israel



Die Sicherheitskontrollen – und die Tatsache, dass der Strand nicht in voller Gänze abzulaufen ist, weil irgendwann ein Schild auftaucht, das auf militärisches Sperrgebiet hinweist - steigern das Bewusstsein über das durchschnittliche mitteleuropäische Sicherheitsdenken hinaus. Ich kann von mir behaupten, dass ich wirklich froh darüber bin, in Deutschland bzw. Europa leben zu können.

Der hohe Salzgehalt des Wassers kann als Namenspate für das Tote Meer genannt werden. Außer Mikroorganismen und wenige salzresistente Pflanzen kann in ihm nichts existieren. Für Leben sorgen Touristen und Heilsuchende. Spa-Hotels, oft eingebettet in Luxusressorts, reihen sich wie Glieder einer Kette an jordanischen und israelischen Ufern.

Das Hotel, in dem wir zwei Nächte verbrachten, bot ein umfangreiches Wellness-Angebot, mit Heilschlammbehandlungen, Massagen, einen Pool mit Bar, zwei Bars im Gebäude und zwei Restaurants. Das Zimmer war das angenehmste, das ich bezogen hatte. Bei einer selbstgeplanten Reise hätte ich es dennoch wohl nicht gebucht. Spa-Hotels haben die Eigenart, dass sie meist in der Pampa liegen und kaum Kontakt mit Einheimischen möglich ist.

Als wir an Hotelanlagen vorbeifuhren, die großzügig errichtet werden, fragte ich mich, wie lange die Gäste das Vergnügen des Toten Meeres noch genießen können. Nur noch ein Zehntel dessen, was vor der intensiven Nutzung des Jordans und der kleineren Zuflüsse seit den 1950er Jahren (landwirtschaftliche Bewässerung, Duschen, Toilettenspülungen und Pools) in den Salzsee geleitet wurde, gelangt heute noch hinein. Jedes Jahr nimmt der Wasserstand des größten Binnengewässers des Nahen Ostens um etwa 1 Meter ab. Experten schätzen, dass in 50 Jahren das Tote Meer bis auf einen kleinen Tümpel ausgetrocknet ist.
Ich weiß nicht, ob es noch ein Hotel oder ein Ressort gibt, das direkt an einem hoteleigenen Strandabschnitt liegt. Unser Hotel bot einen Shuttle-Service zum Ufer an und im „Amman Beach“, wo wir nach einem ersoffenen Tag noch einmal tote Meerluft schnupperten, gingen viele Stufen hinunter. Wie nahe einmal das Wasser war, davon zeugen verrottete Bauten.



Die Mondlandschaften, die ein Salzschleier überziehen und das Tote Meer einfassen, führten mir erschreckend die Arroganz von uns Menschen vor Augen. Dem See wird die Lebensader abgeschnitten, indem hunderte Quadratkilometer Felder bewässert weden, auf denen neben Bohnen, Äpfeln, Birnen, Zitronen und Orangen uvm. Tropenfrüchte wie Bananen und Ananas gedeihen. Die Industrie wehrt sich gegen Maßnahmen, die eine Austrocknung vielleicht verhindern könnten, da sie um die Gewinnungsmöglichkeiten des Magnesiums, Broms und Jods fürchten, dass sie aus dem verdampfenden Wasser fördern. Die Folge ist: Der ausgetrocknete Untergrund ist porös. Immer öfter bricht er ein und zieht Menschen und Gebäude in tiefe Krater. Niemand weiß, wo und wann sich die Erde als nächstes auftut, weswegen Strandabschnitte gesperrt oder Bewohner aus ihren Häusern zwangsweise ausquartiert werden.
Wie schrecklich kurzsichtig ist die Menschheit doch trotz ihrer vielen schmerzhaften Erfahrungen. Es ist davon auszugehen, dass es in einer Region größter Wasserknappheit auf kurz oder lang zu Kämpfen um jeden Tropfen gekommen wäre. Anstatt Maßnahmen zu erforschen und / oder zu ergreifen, die diese Entwicklung verzögern oder die daraus resultierenden Gefahren minimieren würden, schöpft sie freudig weiter das Wasser ab. Der Zeitraum von ca. 50 Jahren ist nicht lang und die Auswirkungen der Austrocknung sind sicherlich an manchen Orten sehr viel früher spürbar. Gerade wenn bedacht wird, wie oft sich Experten bereits geirrt haben.
Meiner Meinung nach ist der Zeitpunkt lange verstrichen, an dem man sich Gedanken um unbeschäftigte, obdachlose und halb verdurstete Menschen gemacht haben sollte. Aber vielleicht sollten Politiker, Wirtschaftsbosse und Touristen endlich einmal damit anfangen. Nur zur Erinnerung: Das Tote Meer ist mit Flug und Autofahrt gerade einmal 5,5 Stunden von Frankfurt entfernt.
Ich möchte bestimmt niemanden den Aufenthalt an dem Salzsee vergällen, denn es ist schon etwas Besonders am tiefsten Punkt der Erde stehen zu können. Aber es sollte sich jeder, der Heilung und Vergnügen suchund der Produkte aus dieser Region konsumiert, die auch in unseren Breitengraden gedeihen, darüber im Klaren sein, dass er ein Teil der Zerstörung des „Naturwunders“ ist. Nicht jedem wird sein Gewissen reingewaschen wie uns.


Es ist ja schon gewöhnungsbedürftig, um vier Uhr morgens rum von Gesängen eines Muezzin geweckt zu werden. Aber was ich geistig am Morgen unseres Seetages verarbeiten musste, hatte mich etwas überfordert. Ich musste erst einmal überlegen, wo ich war. Vor meinem Fenster hörte es sich an, als wenn mein Urlaub bereits zu Ende wäre. Groooße Regentropfen schlugen auf dem Boden auf. „Aber ich bin doch in Jordanien in einem Hotel am Toten Meer.“ Aber es war, wie es sich anhörte. Es regnete tatsächlich und es tat es den ganzen Tag über, mit kurzen Unterbrechungen.
Laut Mahmoud regnet es nur alle sieben Jahre an den Gestaden, die einem heißen und trockenen Klima ausgesetzt sind. Das wir gerade das Regenjahr erwischt hatten, gleicht beinahe einem Wunder. Nach meiner Rückkehr sagte ich scherzhaft, dass wir wahrscheinlich die 2 Regentage mitgenommen haben, die es am Toten Meer gibt. Ich habe für diesen Beitrag eine Klimatabelle angesehen und festgestellt, dass ich mit meiner Meinung nicht verkehrt lag. Januar und Februar sind die kühlsten Monate mit durchschnittlich 7 Regentagen. Der April bringt im Durchschnitt 3 Regentage.

Nach dem Frühstück, das beste Frühstücksbuffet des gesamten Urlaubs mit Butter aus Deutschen Landen, sind meine Mitreisenden und ich getrennt an den Strand gegangen, um uns dort zu treffen. Wegen stürmischen Wind und starken Wellengang war das Baden am Vormittag nicht erlaubt. Worüber ich recht enttäuscht war. Nicht, dass ich in die Salzlake habe steigen wollen. Bereits bei der Buchung wusste ich, dass ich das nicht tun werde. Aber ich hätte gerne einmal gesehen, wie Menschen auf dem Rücken liegend Zeitung lesen.


Für nach ganz unten fehlten 30 m

Ich habe nicht lange auf einer Liege gelegen, bis ich die Wirkung des Toten Meeres, das so viele mit Neurodermitis und Schuppenflechte hierherbringt, auf meiner Haut gespürt habe. Magnesium, Brom und Jod machen die Haut auch am Land glatt und geben ein angenehmes Gefühl.
Ich bin nach etwa einer Stunde zurückgegangen, um im Pool zu schwimmen. Es war herrlich. Er gehörte mir alleine. Sogar der Pool-Kellner hatte sich versteckt, nachdem ich gekommen war. Sonne, blauer Himmel, eine starke Brise, nur der Cocktail hatte gefehlt. Was mir abging, war zu sehen, wie sich drei meiner Mitreisenden mit dem Schlamm aus einer Quelle von Gesicht zu den Füßen einreiben ließen. Die „Aliens“ habe ich dann erst auf Fotos gesehen.






1 Kommentar:

  1. Liebe Julia, Du schreibst wieder so schön. Ernstes Thema finde ich.
    Ich kaufe auf keinen Fall mehr Produkte mit dem Salz aus dem toten Meer.Ich hatte als Kind Neurodermitis die nach einer Woche Urlaub an der italienischen Adria verschwunden war. ;)

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