Samstag, 4. Juli 2015

Hammamt Ma'in - Wo schon die alten Römer badeten

Vom Toten Meer aus fuhren wir an unserem letzten richtigen Tag in Jordanien mit dem Bus die Panoramastraße Richtung Amman, die wir am Abend zuvor in Dunkelheit gekommen waren.
Die Landschaft ist bizarr, wunderschön, eindrucksvoll usw. usf. Wie ein Spiegel mit einem blauen Glas liegt das Tote Meer inmitten rostroter, karger Berge. Immer wieder wird die Ödnis von Wasserrinnsalen, blühenden Bäumen und grünen Flecken unterbrochen.




An die 60 heißen Quellen stoßen durch die bröckelnde schwefelhaltige Oberfläche.
Der letzte Programmpunkt der Rundreise brachte uns zu einer der Berühmtesten.
In Hammamat Ma’in suchten bereits die Menschen im Altertum „ein angenehmes, heilkräftiges und besonders für die Nerven zuträgliches Bad“, so Flavius Josephus, ein jüdisch-römischer Chronist des 1. Jahrhunderts n.Ch.
Für uns, die die Quelle besuchten, traf dies nur teilweise zu.


Das Shit-Wetter vom Vortag entwickelte sich im Laufe des Vormittags zu einer absoluten Katastrophe. Immer wieder zog der Himmel zu, regnete es und versprach ganz und gar keinen angenehmen Tag. Der lange glimmende Lagerkoller wurde genährt und die Stimmung im Bus lag am Boden, als wir am Einlass ankamen.
Inwieweit darüber gestritten werden kann, ob ein Außenaktivitäts-Programmpunkt durchgeführt wird, wenn die Aussicht auf Wetterbesserung bei Null liegt, lasse ich hier jetzt einmal außer Acht. Selbst wenn ich gewusst hätte, wie der Aufenthalt verlief, hätte ich dafür plädiert, nur um nicht Ronnys Meinung zu sein. Obwohl ich zugeben muss, dass mich die Museen in Amman, die seine Gundula als Alternative vorschlug, auch interessierten. Unser Reisebegleiter Mahmoud behielt während der unschönen und zum Fremdschämen geführten Diskussion seine stoische Ruhe und Freundlichkeit. In seinem Gesicht konnte ich allerdings lesen, dass er froh war, seine Reisegruppe am nächsten Morgen den jordanischen Beamten am Flughafen überlassen zu können.

15 JD kostet der Eintritt des öffentlich zugänglichen Bereiches. Die Anlage bietet terrassenförmig angelegte Becken, in die sich drei Wasserfälle und mehrere Rinnsale stürzen und die 45 C bis 60 C heißes Wasser halten, römische Bäder (für Frauen und Männer getrennt) ein Kaltwasser-Pool, eine Sauna und ein Souvenirladen mit großer Terrasse.
Vom Einlass schlängelt sich eine ca. 1 km lange, enge und üppig mit Gebüsch und Gehölz eingewachsene Straße dem Berg hinunter. Vom Parkplatz aus folgten Susi, Anke, Heide, unsere Berliner Schnatterschnauze, Anne und ich Mahmoud über Treppen, mit Steinen ausgelegten und aufgrund des Regens glitschigen Wegen und kleine Brücken zu den Becken. Für vier verabredete Stunden überließ er uns in der Obhut der Badeaufseher.

An den unter Schilfdächern aufgestellten Tischgruppen und Bänken ist es bei Sonnenschein und warmen Temperaturen bestimmt schön sitzen, picknicken und dem Schauspiel zuzusehen, wie Erwachsene und Kinder sich amüsieren oder sich den Rücken von den Wassermassen massieren lassen.
In diesen Genuss kamen Anne und ich nicht, die wir uns als Wächter für die Taschen und Fotografen zur Verfügung gestellt hatten. Es regnete mit nur einer kurzen Unterbrechung unablässig. Die aufsteigenden Dampfwolken waren von den tief hängenden Regenwolken kaum zu unterscheiden und je länger wir auf der Terrasse standen, desto trüber wurde das Licht.



Was ich mir gut vorstellen konnte und was mir von den anderen bestätigt wurde, war, dass es bei Regen und kühlen Temperaturen besonders angenehm ist, sich in dem heißen Wasser aufzuhalten. Susi sagte, dass sie noch nie eine so tolle Massage erhalten hatte.Irgendwann, als ich so durchnässt mit einer feuchten Zigarette Fotos von meinen Begleiterinnen machte, sah ich plötzlich kein mit Dampf eingelulltes Wasser, sondern eine braune Brühe einen der Felsen herunterstürzen und dachte bei mir: ‚Das ist nicht normal.’


Dass es das nicht war, schloss ich aus dem Interesse eines Aufsehers, der den Schlammfall in Film und Bild festhielt, und der Hektik, die einen Weiteren ergriff.
Es müsste jetzt hier stehen: „Es ging alles sehr schnell.“ Dass ging es aber nicht. Es dauerte eine geraume Zeit, all denen, die sich in den Becken verteilt hatten oder sich den Rücken massieren ließen, - es war noch eine arabische Familie anwesend - begreiflich zu machen, dass sie doch lieber abbrechen sollten. Nach noch nicht einmal einer Stunde war der Natur-Wellness-Tag vorbei.
Der Abbruch und der Hinweis der Aufseher, dass die Becken für diesen Tag geschlossen bleiben würden, sorgten dafür, dass wir mit der Gesamtsituation überfordert waren. Es tat sich für uns keine Alternative auf. Die Sauna und die Pools fanden wir nicht und der Souvenirshop bot nur solche und keinen Tee oder Kaffee oder einen trockenen Stuhl oder eine solche Bank. Nach langem Hin und her Überlegen beschlossen wir dann, hoch zu gehen und irgendwie mit Mahmoud Kontakt aufzunehmen, dass wir früher abgeholt werden wollten. Die Angestellten des Shops gaben uns schwarze, dünne Plastiktüten als Regenschutz mit. Ich sah bestimmt genauso bescheuert aus, wie die anderen. Lediglich Anne und Heide hatten verzichtet. Was eigentlich nur logisch war. Nass waren wir ja schon.
In dem Einlasshäuschen drängten sich dann deutsche Touristinnen, ein Beamter der Touristenpolizei, ein Angestellter und hinter dem Tresen ein Weiterer, der Mahmoud anrief und ihn vorzeitig beorderte. Zum Glück hatte Heide dessen Visitenkarte. An so etwas denke ich grundsätzlich nicht. Während wir warteten und arabisches Fernsehen verfolgten, verhandelte Anke erfolgreich und uns wurde der Eintrittspreis mit überschwänglichen Entschuldigungen zurückerstattet.
Ich war schon etwas neidisch als der Bus kam und Mahmoud erzählte, dass er mit dem Rest unserer Gruppe das Museum über das Tote Meer besucht hatte.

Die Angestellten von Hammamat Ma’in hatten wohl den gesamten Tag nichts anderes mehr getan, als neuen Entspannungs- und Heilsuchenden zu erklären, dass baden an diesem Tag nicht mehr mögich war. Auch wenn Araber die Messlatte für Gefahren höher stecken als der gemeine Mitteleuropäer und Verstöße gegen Sicherheitsvorgaben selten geahndet werden, hier waren sie rigoros.
Was mich den restlichen Tag beschäftigte, war weniger, dass der Tag regelrecht ersoffen und für den Abschluss der Rundreise eine Katastrophe war, sondern dass Ronny Recht hatte.

Der Tag und die Gruppenreise endeten in Amman, wo wir 9 Tage zuvor die Rundreise angetreten hatten. Noch einmal ein Bier in der Lobby und ein Falafel-Sandwich, mit Urschl, und da noch einmal Fremdschämen pur in der Falafel-Stube dank Urschl.
Auch wenn ich Anne, Susi und XYZ recht gerne hatte, war ich unsagbar froh, dankbar und glücklich alleine weiter nach Jerusalem reisen zu können.

Hier findet ihr den Bericht über die Weiterreise nach Jerusalem.

1 Kommentar:

  1. Liebe Julia, oh jeh das ist aber echt total schade gewesen. Ich kann voll nachvollziehen wie sehr es dich geärgert hat, das Ronny Recht hatte.

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